Freitag, 24. Mai 2013

Herz, öffne dich!

Eine regelmäßige Yogapraxis öffnet das Herz. Was ist darunter zu verstehen? Das Herz wird natürlich nicht wie bei einem chirurgischen Eingriff operativ geöffnet, das ist klar. Dennoch ist die Herzensöffnung ein sehr wichtiger Aspekt des Yoga.
Die Herzgegend ist aus physiologischer Sicht nicht nur der Sitz des Herzens, sondern auch des Thymus, einem Hormon produzierenden Organ. Während das Herz für eine zuverlässige Versorgung aller Organe mit Blut sorgt, sind die Hormone des Thymus ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems.

Mittlerweile ist auch von Medizinern anerkannt, dass Herz und Psyche in enger Verbindung miteinander stehen. Wir alle kennen den Ausdruck, das "uns das Herz schwer wird" oder wir erinnern uns an das Gefühl der Enge im Brustbereich, wenn uns ein Schicksalsschlag ereilt hat. Depressive Menschen haben oft eine besondere Körperhaltung, der Rücken gebeugt, die Schultern eingesunken und der Herzraum eingeengt. Das Gefühl der Schwere und Traurigkeit spiegelt sich in der äußeren Haltung wider.

Herz und Gesellschaft
Dass wir unser Herz oft verschließen, hat aber noch andere Gründe. Unsere Gesellschaft verlangt von jedem einzelnen sehr viel und wir werden schon früh zu Konkurrenzdenken und Egoismus erzogen. Vielfach werden diejenigen, die versuchen, einen anderen Weg zu gehen, als "Gutmenschen" belächelt und es ist jedem klar, dass man nur mit ausgefahrenen Ellebogen und zurückgefahrener Empathie bis ganz nach oben in die Chefetagen kommt. 
Wenn wir die Zeitung lesen oder die Abendnachrichten anschauen, bekommen wir oft den Eindruck einer feindlichen Welt, voller Gewalt, Kriegen und Leid. Eigentlich ist es kein Wunder, dass Depressionen und Angsterkrankungen ansteigen - denn wir befinden uns in scheinbar ständiger Gefahr. 
Natürlich ist es richtig, dass schlimme Dinge auf der Welt passieren. Wir können uns dessen bewusst sein und trotzdem versuchen, uns nicht vor der Welt zu verschließen.

Love thy Neighbour
Im Yoga gibt es die Vorstellung der Einheit von allen lebenden Wesen. Wir alle sind Teil eines Großen Ganzen und jeder einzelne von uns trägt den Atman genannten göttlichen Funken in sich. Wir alle haben also eine göttliche Natur in uns, die Frau an der Supermarktkasse ebenso wie der Manager im maßgeschneiderten Anzug. In unserer Gesellschaft wird unser Wert oft daran gemessen, was wir als Individuum erreicht haben, wie groß unser Haus ist, wieviel wir auf dem Bankkonto haben und welchen Beruf wir ausüben. Verlieren wir dann unseren Job oder brennt unser Haus ab und wir haben plötzlich kein Geld mehr, geht ein Teil unsere Identität verloren. Depressionen und Ängste sind eine häufige Folge. Wir alle haben Angst vor einem solchen Verlust und investieren fast unsere gesamte Energie, um diesen zu verhindern.
Die Yogaphilosophie lehrt uns, dass wir alle Atman, unser wahres Selbst in uns tragen. Diesen göttlichen Kern in uns können wir nie verlieren und er ist in jedem Menschen gleich vorhanden. Yoga macht also keine Unterschiede zwischen den Menschen, wir sind alle gleich wertvoll. 
Im Buddhismus, einer der großen Weltreligionen, ist ein wichtiger Grundsatz, dass wir alle, in allem was wir tun, nach Glück streben. Versucht einmal, daran zu denken, wenn ihr gerade im Feierabendverkehr feststeckt oder nervige Behördengänge erledigen müsst: Alle Menschen wollen glücklich sein!

Yoga- und Meditationsübungen für das Herz
So weit die Theorie. Da Yoga aber vor allem durch die Praxis erfahren werden möchte und sich diese Erfahrungen schwer in Worte fassen lassen, stelle ich euch im Laufe der nächsten Wochen einige Yoga-Asanas wie Bhujangasana (Kobra) und Chakrasana (Rad, siehe Bild) so wie Meditationsübungen aus dem Buddhismus wie die Liebende Güte Meditation vor. 


Bei DIYoga werden wir in den nächsten Wochen einen besonderen Fokus auf die herzöffnenden Asanas legen und die Meditation der Liebenden Güte lernen.
Hari OM


Mittwoch, 15. Mai 2013

Warum Yoga nichts mit Wellness zu tun hat...

Yoga wird oft mit Wellness gleichgesetzt, mit Wohlfühlen und Entspannung. So wird Yoga zu einem Produkt, das man konsumieren kann, indem man z.B. einen Wellness-Urlaub mit Sauna-Gängen, Massage und eben Yogastunden bucht. Ganz automatisch entsteht eine Erwartungshaltung, dass man durch Yoga auf jeden Fall entspannter und glücklicher wird. Stellt sich dieses Gefühl dann aber vielleicht nicht gleich nach der ersten Stunde ein oder ärgert man sich trotz intensiven Übens immer noch über Raser auf der Autobahn oder den Nachbarn der ständig nachts um 3 die Musikanlage aufdreht, kommt schnell Enttäuschung auf und die Frage, ob Yoga vielleicht am Ende doch nicht so wirkt wie es die Werbung versprochen hat.



Die gute Nachricht ist: Yoga wirkt. Und Yoga entspannt. Aber Yoga ist auch anstrengend. Die Asanas, Yogahaltungen, können körperlich anstrengend sein und auch Meditation kann auch für den Geist schwierig sein, wenn man sich einfach nicht konzentrieren und die vielen Gedanken im Kopf loslassen kann.
Eine Form des Yoga, die den körperlichen Übungsweg in den Fordergrund stellt, ist Hatha Yoga. Das Sanskrit-Wort hatha bedeutet Kraft oder Anstrengung und ist ein jedem Yogaschüler wohlbekannter Zustand, wenn im Krieger I langsam die Beine schwer werden oder im herabschauenden Hund die Hände anfangen auf der Matte zu rutschen.
In all dieser Anstrengung gibt es aber auch immer wieder Momente der Entspannung, kleine Augenblicke in denen das Gedankenkarusell für einen Augenblick anhält und man sich da befindet, wo man hin wollte: Im Hier und Jetzt.

In Patanjali's Yoga Sutra wird Yoga definiert als: Yoga chitta vritti nirodaha, was so viel heißt wie Yoga glättet die Wellen des Geistes. Yoga entspannt also und zwar gerade durch die Anstrengung. Durch kontinuierliches Üben werden zudem die verschiedenen Asanas weniger anstrengend, die Meditation stellt sich leicher ein und die Entspannungsmomente werden mehr. Und da Yoga in vielen Dingen den Alltag reflektiert und umgekehrt, stellen sich vielleicht schon bald diese kleinen Entspannungsmomente auch im Alltag ein und man ärgert sich nicht mehr so sehr über den vor der Nase weggeschnappten Parkplatz oder den verpassten Bus.

Ziel des Yoga ist es, die kleinen Entspannungszeitfenster nach und nach auszudehnen und sie miteinander zu verbinden, bis der ganze Tag in entspanntem Zustand erlebt wird. Tage an denen alles gut läuft und irgendwann auch Tage, wo nichts gelingen will. Dann bekommen wir eine Ahnung von Samadhi, dem mythischen Zustand, das große Ziel des Yoga, dem Gefühl der Einheit oder der Erleuchtung...